Altenheimseelsorge - in Zeiten von Corona

Die besondere Gefährdung alter Menschen

Die aktuelle Corona-Krise trifft hochbetagte und pflegebedürftige Menschen zuhause und die Bewohner*innen in Altenpflegeheimen in besonderer Weise. Sie alle gehören zu den Personen, die besonders gefährdet sind und durch besondere Vorkehrungen geschützt werden müssen. Pfl egeheime werden nach außen geschlossen, Besuche verboten und Veranstaltungen abgesagt. Besuchsdienstarbeit, Verkündigungsangebote, Rituale am Lebensende werden durch diese Regelungen in der Regel unmöglich gemacht.

Das Bedürfnis nach Zuspruch

Doch gerade jetzt benötigen diese Menschen besonderen Trost und Zuspruch und das Gefühl nicht allein gelassen zu sein. Menschen mit einer demenziellen Erkrankung brauchen Begleitung und vertraute Rituale ( z. B. auch die Feier eines Gottesdienstes) in Zeiten großer Verunsicherung. Angehörige leiden darunter, dass sie nur im Notfall zu ihren Lieben (Großeltern / Eltern / Partner*in / Freund*in) gelassen werden und sind dankbar für ein offenes Ohr.

Kontakt herstellen und halten

Als Altenheimseelsorgerin versuche ich in dieser Situation Kontakt zu halten mit Bewohnern*innen, Mitarbeitenden und Angehörigen, indem ich ihnen schreibe oder mit ihnen telefoniere, denn es ist mir derzeit nicht erlaubt ein Pflegeheim zu betreten, außer in Notfällen (zur Sterbebegleitung oder Aussegnung). Am Ostersonntag war es zumindest möglich in den Schöntalhöfen eine „österliche Hofandacht“ zu halten, die die Bewohner*innen an ihren Fenstern oder auf ihren Balkonen mitfeiern konnten. Es war für mich ein sehr emotionales Erlebnis. Zum einen habe ich mich sehr gefreut, einige Bewohner wieder einmal zu sehen, andererseits war es auch bedrückend, weil ich weiß, wie schwer für die meisten die derzeitige Isolation ist. Solche Gottesdienste vor den Toren und Türen möchte ich nun weiterhin anbieten und gemeinsam mit meinem Mann halten, auch vor dem Matthias-Claudius-Haus.

Eindrücke von Betroffenen

Wie manche Bewohner und Angehörige diese Zeit erleben, zeigen folgende Äußerungen:

Angehörige:
  • Ich habe Angst, dass mich mein (demenzkranker) Vater nach der langen Isolation überhaupt nicht mehr erkennt!
  • Meine Mutter ist dement. Sie muss nach einem Krankenhausaufenthalt 2 Wochen auf ihrem Zimmer bleiben und versteht nicht warum. Ich kann mit ihr auch nicht mehr telefonieren. Ich mache mir große Sorgen.
  • Was ist, wenn meine Mutter jetzt stirbt? Kann ich mich dann überhaupt noch von ihr verabschieden?
  • Immerhin können wir uns (mit entsprechendem Abstand) am Fenster oder im Garten des Heims sehen und uns ein wenig unterhalten.
Bewohner*innen:
  • Ich sitze ganz alleine im Zimmer. Es ist so traurig. Leider, leider…
  • Ich bekomme jede Woche ein Päckchen von meinen Kindern mit etwas Süßem, einer Zeitschrift und einem Gruß. Das tut mir sehr gut!
  • Der Tag ist gerettet! Vielen Dank Frau Pfarrerin, dass sie mich anrufen und an mich denken!

Der Einsatz der Mitarbeitenden

In dieser schweren Zeit leisten die vielen Mitarbeitenden in den Pflegeheimen einen enorm wichtigen Dienst. Mit hohem körperlichem und seelischem Einsatz kümmern sie sich um Pflege, Versorgung und Betreuung. Zuhause warten bei vielen vielleicht schulpflichtige Kinder oder andere Familienangehörige, die ebenso Unterstützung und Versorgung benötigen. Eine große Herausforderung! Schon lange vor der Corona Krise stand das Motto zum diesjährigen Tag der Pflege am 12. Mai fest „Vergiss mein nicht!“ Es könnte nicht besser passen! Mit der dazugehörigen Danke-Karten-Aktion  sollen alle, die in einem umfassenden Sinn an "Pflege" mitwirken (Pflege- und Betreuungskräfte, Hauswirtschaft, Küche etc.). in Alten- und Pflegeheimen seitens der Seelsorge für ihren wichtigen und höchst anspruchsvollen Dienst gewürdigt werden.

Meine Hoffnung ist es, dass sich auch bald wieder die Türen für die Seelsorger*innen öffnen und wir wieder in die Einrichtungen hinein gehen können, um den Menschen nahe zu sein, ihnen von Angesicht zu Angesicht begegnen zu können und Andachten im kleinen Rahmen halten zu können.

Ein Dankeschön in welcher Form auch immer, tut allen gut!

 

Autorin: Pfarrerin Ulrike Schemann, Altenheimseelsorgerin im Dekanat Aschaffenburg

 

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