Der Sommer kommt, Corona bleibt?

Perfektes Wetter, tiefblauer Himmel – ich radle nach Hause. Gerade eben, Anfang Mai, lockert sich alles wieder. Gottesdienste können wieder gefeiert werden, die Geschäfte und Spielplätze öffnen, man darf sich mit einer weiteren Familie wieder treffen. In mir keimt Hoffnung … klappt es vielleicht doch noch mit dem Sommerurlaub in England? Geplant war eigentlich, über Ostern zu fahren. Das hat sich zerschlagen. Nächste Möglichkeit wäre jetzt im August. Mal so richtig rauszukommen täte unglaublich gut. Ich überlege, ob es eine gute Idee ist … England, der National Health Service, eh schon überlastet und chronisch unterfinanziert. Der Verlauf der Corona-Krise in England … Vielleicht wäre es doch besser, in Deutschland zu bleiben? Ins Ruhrgebiet fahren, die Dachgeschosswohnung im Haus der Großmutter meiner Frau zu nutzen und mit den Kindern auf den genialen Radwegen dort herumzufahren?

Mainaschaff – Skyline; Bild: Martin Klein

Ich radle am Mainparksee vorbei, an den Hochhäusern dort. Können wir eigentlich dieses Jahr an den See, wenn es heiß wird? Ich stutze. Der See … all die Menschen, die Kinder und Jugendlichen, die sonst am See sind. Die meisten von ihnen kommen wohl aus den Hochhäusern. Was haben die eigentlich die letzten Wochen gemacht? Die Leute in den Wohnblocks, die die Grünanlagen um ihre Häuser nicht nutzen durften? Kein See, kein privater Garten, kein Haus mit seinen Ausweichmöglichkeiten, oft nur die Wohnung … Wie geht es ihnen? Welche Perspektiven sehen sie? Beruflich? Im Sommer? Ich muss an unsere Reinigungskraft denken. Sie ist bei einer Firma angestellt und putzt wöchentlich bei uns. Alleinerziehend, zwei Kinder – 1. und 7. Klasse glaube ich – und keine Möglichkeit, die beiden betreuen zu lassen. Sie hat uns von ihrer Sorge erzählt, auch noch ihren Job zu verlieren, weil sie in ihrer Firma immer wieder absagen musste. Sich um die Kinder kümmern musste. Da ist der Sommerurlaub sicherlich die geringste Sorge.

Alles im Fluss?

Mit gedrückter Stimmung radle ich weiter. Bei Kleinostheim kommt mir auf dem Main ein Flusskreuzfahrtschiff entgegen. Interessiert schaue ich, wie Flusskreuzfahrt in diesen Zeiten wohl gehen mag. Immerhin sind einige Menschen an Deck. Je näher das Schiff kommt, desto gespannter werde ich – ein Kahn voller Urlauber! Schließlich … von wegen: es sind nur Arbeiter. Sie ersetzen die Stühle auf dem Sonnendeck, vielleicht auf der Fahrt zur Werft? Da trifft es mich wie ein Blitzschlag. Sie bereiten das Schiff auf die nächste Fahrt vor. Auf Menschen, die sich auf eine Flusskreuzfahrt freuen – nach Corona.

Autor: Martin Klein

 

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