Macht Kranke gesund, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus. (Matthäus 10,8)
Liebe Leserin, lieber Leser,
diesen Befehl gibt Jesus seinen Jüngern. Und man könnte mit Recht sagen: Das ist die Aufgabe der Auserwählten. Nur die haben die Vollmacht dazu von Jesus bekommen. Und doch glaube ich, dass auch wir, die heutigen Nachfolgerinnen und Nachfolger Christi, gemeint sind.
Denn die unreinen Geister, sie gibt es noch heute. Sie haben nicht mehr die Namen von damals. An einer Stelle im Neuen Testament fragt Jesus einen Dämon, bevor er ihn austreibt: Wie heißt Du? Der Dämon antwortet: Ich heiße Legion. Das ist die wichtigste Truppenstärke der römischen Besatzungsmacht. Der Dämon gibt sich also als Unterdrückung durchs römische Militär zu erkennen. Und Unterdrückung, Ungerechtigkeit, Gewalt, das sind auch heute noch die wichtigsten Gründe für die „Dämonen“, die uns auch heute lähmen oder verrückt machen. Heute heißen sie anders. Wir haben ihnen Namen gegeben wie Depression oder Manie, Borderline oder Narzissmus, Zwangsgedanken, Ängste oder Traurigkeit.
Bei verfestigten Krankheiten der Seele ist es ratsam zum Arzt oder zur Therapeutin zu gehen. Aber eine depressive Verstimmung, also eine Niedergeschlagenheit, Ängste vor Versagen, aggressives Verhalten, das sind doch die „Dämonen“ mit denen wir es tagtäglich zu tun haben. Und ich behaupte: Wir treiben sie immer wieder aus.
Nehmen wir einen Schüler in der Grundschule. Er verhält sich aggressiv, wird gewalttätig seinen Mitschülern gegenüber. Die Schulleitung sucht das Gespräch mit den Eltern. Und siehe da: Im Gespräch wird klar, dass es offenbar keine Beziehung gibt zwischen Vater und Sohn. Nur Kritik, nur Strafe. Die Lehrer schaffen es, dem Vater in liebevollen Worten diese Nicht-Beziehung klarzumachen. Nicht verurteilend, sondern eher als Wunsch des Sohnes nach Anerkennung und Liebe. Plötzlich sagt der Vater: „Ich habe eine Kette und da steht drauf: Dein Vater hat dich ganz lieb. Das will ich meinem Sohn zu Weihnachten schenken. Aber gerade denke ich: Ich schenke es ihm jetzt.“ Jetzt, wo die Eltern wegen des bestrafungswürdigen Verhaltens des Sohnes in der Schule sind. Der Rektor bestärkt ihn darin. Der Vater macht’s. Ab da ist der Sohn wie ausgewechselt. Er wächst vollständig heraus aus seinem aggressiven Verhalten. Der Dämon Aggressivität wird ausgetrieben durch die Macht, die wir von Gott haben: Durch die Liebe. Und so treibt nicht nur dieser Rektor und die Lehrerinnen Tag für Tag Dämonen aus, sondern das machen wir alle. Wenn Du redest von Dir, Deinen Bedürfnissen und Gefühlen, wenn Du Dein Kind, Deine Partnerin, ja, jeden Menschen wirklich wahrnimmst, weil Du zuhörst. Wenn Du, statt zu urteilen, ihren nervenden Seiten Gutes unterstellst, sie mit Liebe verstehen willst. Oder wenn Du aus Liebe Grenzen setzt. Dann haben die heutigen Dämonen keine Chance. Dann wird Heilung möglich.
Christus vertraut Dir, so wie damals seinen Jüngern: Du wirst heilen. Wie? Mit nichts außer diesem Vertrauen, das Gott Dir schenkt. Gib es weiter an Dich und Deine Mitmenschen und sie werden heilvolle Wege finden und Deine Welt wird neu.
Herzlich grüßt Sie
Ihr Pfarrer Matthias Leibach